Von jemandem, der als Praktikant deutlich weniger als 1.300 Euro im Monat verdient hat.
Mit dem Slogan „Arm trotz Arbeit“ wirbt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) für den flächendeckenden Mindestlohn, der nun Anfang April als Gesetzesentwurf vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Der Mindestlohn kommt. Für uns besonders wichtig: Das festgelegte Arbeitsentgelt von 8,50 Euro pro Stunde gilt auch für Studenten, die ein Praktikum absolvieren. Ausgenommen sind Pflichtpraktika und freiwillige Praktika, die nicht länger als sechs Wochen dauern.
Ist das jetzt gut oder schlecht für Studenten?
Je nachdem, mit wem man spricht, wird man wohl sehr unterschiedliche Meinungen hören.
Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2011 leistet ein Hochschulabsolvent im Laufe seines Lebens durchschnittlich vier bis fünf Praktika ab, den Großteil davon während des Studiums. In vielen Studiengängen ist das Pflichtpraktikum mittlerweile elementarer Bestandteil. Der Student lernt so die an ihn gestellten beruflichen Anforderungen kennen und erhält Einblicke in die Vorgänge eines Unternehmens. Neben dem verpflichtenden Berufspraktikum absolvieren viele aber noch zusätzlich freiwillige Praktika – in Unternehmen, aber auch in sozialen Einrichtungen. Es ist weithin bekannt, dass Praktika einen Absolventen für potenzielle Arbeitsgeber interessanter machen und den Berufseinstieg deutlich vereinfachen können. Die Vergütung eines Praktikums lag 2011 im Durchschnitt bei 550 Euro, wobei 40 % der Praktika unbezahlt blieben. Pikant: Viele Bundesministerien zahlen Praktikanten keinen Cent.
Schon seit mehreren Jahren werden strengere formale Regeln für Praktikanten gefordert. Stets werden in diesem Zusammenhang auch das Verbot von unbezahlten Praktika und eine Mindestvergütung diskutiert. Das Hauptargument der Befürworter des Mindestlohns für Praktikanten ist, dass diese allzu oft die Arbeit von Vollzeitmitarbeitern übernehmen und für die gleiche Arbeit wie ihre Kollegen deutlich schlechter bezahlt und somit ausgebeutet werden. Diese Art von Beschäftigung verdreht allerdings den Sinn eines Praktikums.
Praktika sind befristet und dienen dem Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen zur Vorbereitung auf einen Beruf. Sie sind daher eher vergleichbar mit einem Berufsausbildungsverhältnis als mit einer regulären Festanstellung und dienen nicht in erster Linie zum Bestreiten des Lebensunterhalts. Dafür genügen im Übrigen auch weniger als 8,50 Euro pro Stunde. Es wäre daher völlig legitim studentische Praktikanten ebenso wie Auszubildende vom Mindestlohn auszuschließen und ihr Arbeitsentgelt stattdessen beispielsweise über branchenspezifische Verträge, Tarife, den BAföG-Satz o.ä. zu regeln.
Die Gefahr, die durch den Mindestlohn entsteht, ist, dass sich gerade kleinere Betriebe und Startups sowie soziale Einrichtungen Praktikanten nicht mehr leiten können und zahlreiche Praktikumsstellen wegfallen. Die übrigen Stellen werden von den besten Studenten besetzt, sodass das Gros es schwer haben wird wichtige Berufserfahrung zu sammeln. Zusätzlich ist zu befürchten, dass die Qualität der Praktika unter dem Mindestlohn leidet. Oft konnte ein Praktikant bisher für ein paar Tage zwischen Abteilungen wechseln und so andere Arbeitsbereiche oder möglicherweise andere Standorte eines Unternehmens kennenlernen. Unternehmen werden ihren Praktikanten in Zukunft diese Freiheiten nicht mehr einräumen können.
Meine persönliche Meinung: Ein Praktikum muss auch eine finanzielle Anerkennung finden. Ob dazu allerdings eine Verpflichtung durch den gesetzlichen Mindestlohn geeignet ist, bezweifle ich stark. Gute Unternehmen zahlen ihren Praktikanten auch ohne Mindestlohn eine angemessene Vergütung, die zwar geringer sein mag, aber den Erhalt der Praktikantenstelle sichert. Der Versuch durch den Mindestlohn „schwarze Schafe“, die Praktikanten schlecht betreuen und nur als Ersatz für teurere Festangestellte beschäftigen, vom Markt zu verdrängen, ist zum Scheitern verurteilt. Denn schlussendlich wird der Mindestlohn für Praktikanten wohl nicht nur ehrlichen Arbeitgebern, sondern vor allem uns Studenten schaden.
Zur Klarstellung: Hochschulabsolventen, die auch noch nach ihrer Ausbildung lediglich befristete Praktika absolvieren statt Festanstellungen zu erhalten, sind natürlich anders zu behandeln als Studenten.
Henrik Schürmann
Vorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS)